Verkehrsplanerische Leitlinien für Osnabrück – POSITIONSPAPIER – Stand Februar 2022

(Autoren: Reimer Thiessen, Klaus Haug, Norbert Sobotta, Wolfgang Wesseler)

  1. Präambel:

 

BOB fordert die Entwicklung eines aktuellen ganzheitlichen – d. h. die gesamte Stadt Osnabrück einschließlich der Randgemeinden umfassenden und sämtliche Verkehrsmittel übergreifenden – Mobilitätskonzeptes im Sinne einer proaktiven Planung statt einer reaktiven Flickschusterei. Als solche ist u. a. der im Dez. 2021 – aufgrund eines tödlichen Fahrradunfalls überstürzt geplante – provisorische Umbau der Kreuzung Wallring / Martinistraße zugunsten des Fahrradverkehrs einzustufen. Selbst als kurzfristige Provisorien werden derartige undurchdachte Notlösungen kritisch gesehen. Denn sie erzeugen andere gravierende Probleme (hier z. B. erhebliche Rückstaus des Kfz-Verkehrs) und ersetzen kein Langfristkonzept für eine geordnete Mobilitätsentwicklung, an dem es der Stadt Osnabrück nach wie vor mangelt.

Die Stadt Osnabrück hat in diesem Zusammenhang nicht die zwingende Voruntersuchung hinsichtlich der verkehrlichen Auswirkungen durchgeführt. Dies wird üblicherweise vorher mittels Computer gestützter makroskopischer (auf ganze Stadt bezogener) und mikroskopischer  (auf einzelne Knotenpunkte bezogener) Verkehrssimulationen untersucht und die Auswirkungen vorab fachlich beurteilt.

Eine solche aus der Not geborene Realisierung isolierter Einzelprojekte ohne Einbettung in ein stadtplanerisches und verkehrsplanerisches Gesamtkonzept hält BOB daher grundsätzlich für inakzeptabel. Zumal wenn sie überhastet und ohne Berücksichtigung der verkehrlichen Folgen für die übrigen Verkehrsteilnehmer umgesetzt werden. Es bedarf vielmehr endlich der Neuerstellung eines aktuellen gesamtstädtischen Mobilitätskonzeptes. Hierfür werden von BOB im folgenden wesentliche Planungsgrundsätze formuliert.

 

 

  1. Planungsgrundsätze:
  • BOB sieht die Notwendigkeit, die Klimaschutzziele, insbesondere durch CO2-Reduktion, auch – aber nicht ausschließlich – auf dem Verkehrssektor zu erreichen. Diese Zielsetzung darf sich aber nicht als reine Symbolpolitik ausschließlich oder primär auf Restriktionen zu Lasten des „Prügelknabens Autoverkehr“ fokussieren. Denn dieser ist nur für rd. 5 – 6 % der weltweiten CO2-Emissionen ursächlich. Zum Vergleich: allein die Zementproduktion verursacht rd. 8 % aller weltweiten CO2-Emissionen! Um möglichst effizient die Klimaschutzziele zu erreichen, sind somit Maßnahmen zur CO2-Reduktion der Hauptverursacher – das sind Heizungen privater Haushalte, Industrie, Energieversorgung, sowie auf dem Verkehrssektor insbesondere der Schiffs- und Straßengüterverkehr – wesentlich Ziel führender!
  • Das Ziel einer nachhaltigen Mobilitätswende muss nicht zwingend vor allem Restriktionen zu Lasten des motorisierten Individualverkehrs (MIV) beinhalten, sondern sollte primär auf eine Stärkung und Attraktivitätssteigerung des ÖPNV und des Fahrradverkehrs sowie eine konsequente Ausweitung der E-Mobilität setzen.
  • Ganzheitliche Verkehrsplanung hört nicht an der Stadtgrenze auf. Die Einbindung der Randgemeinden GM-Hütte, Bissendorf, Belm, Wallenhorst und Lotte mit insgesamt ca. 110.000 Einwohnern gehört daher zwingend in ein Gemeinde übergreifendes Gesamtverkehrskonzept. Über 70.000 Ein- und Auspendler täglich erfordern eine koordinierende Planung von Stadt und Landkreis Osnabrück.
  • Auch die Innenstadt als Einkaufszentrum muss in einem so eng mit dem Umland verzahnten Oberzentrum wie Osnabrück, solange die Umlandgemeinden schlecht mit dem ÖPNV oder Fahrrad erschlossen sind, für den Autoverkehr bequem erreichbar sein. Ansonsten droht Abfluss von Kaufkraft in besser erreichbare Nachbarorte.
  • Räumlich isolierte und nur auf ein einziges Verkehrsmittel beschränkte Prestigeprojekte wie z. B. die nur 168 m kurze „Protected Bike-Lane“ (Hegertorwall)

lehnt BOB – wie bereits eingangs betont – vehement ab. Dieses Negativbeispiel eines Torso ohne Einbindung in ein Gesamtverkehrskonzept ist mit fast ½ Mio € nicht nur extrem teurer und zudem völlig sinnlos, solange es räumlich isoliert bleibt, sondern   sogar kontraproduktiv, wie der o. g. tödliche Radverkehrsunfall von Nov. 2021 auf tragische Weise beweist. Dieser ereignete sich direkt im Anschluss an diese „Protected Bike-Lane“, wo die Radfahrer bis dato abrupt und übergangslos ungeschützt zwischen den Fahrstreifen für den Kfz-Verkehr  fahren mussten.

  • BOB spricht sich auch gegen ideologiebasierte einseitige Bevorzugungen von Radverkehr und ÖPNV zu Lasten anderer Verkehrsteilnehmer aus und unterstützt statt dessen ein vernünftiges Miteinander aller Verkehrsmittel. Dadurch lassen sich sinnvoll Synergie-Effekte durch Kombination verschiedener Verkehrsträger nutzen
    (z. B. Park + Ride, Bike + Ride, Kiss + Ride usw.).
  • Nicht zuletzt: es sollen grundsätzlich keine neuen verkehrlichen Restriktionen
    (z. B. Sperrungen ganzer Hauptstraßenzüge für den Kfz-Verkehr wie am Neumarkt) erfolgen, ohne vorher die verkehrlichen Auswirkungen geprüft zu haben und leistungsfähige, sichere, umfeldverträgliche und von den Verkehrsteilnehmern akzeptierte Alternativen entweder mittels Substitution durch andere Verkehrsmittel oder durch Verlagerung des Kfz-Verkehrs auf andere geeignete Straßen anzubieten.

 

 

 

 

 

  1. Radverkehr:

 

3.1 Grundsätzliche Anforderungen an ein modernes, leistungsfähiges,
sicheres und attraktives Radverkehrsnetz:

  • Schaffung eines Stadt übergreifenden Schnellradwegenetzes (Velorouten) von/zu allen Stadtrand-Wohnquartieren / Randgemeinden / Nachbarstädten mit direkter Anbindung an die Innenstadt.
  • Systematische Prüfung aller vorhandenen Radverkehrsanlagen bzgl. Zustand, Breite, Hindernissen, Beleuchtung, sozialer Sicherheit (keine dunklen Abschnitte / Tunnel) und verkehrlicher Sicherheit.
  • Zielgerichtete Auswertung aller polizeilich erfassten Radverkehrsunfälle zur Entschärfung erkannter Fahrradunfallschwerpunkte. Ziel: Prioritäten-Katalog des Handlungsbedarfes.
  • Konsequenter Verzicht auf Radfahrstreifen in Mittellage zwischen Kfz-Fahrstreifen.
  • Generell rote Markierung aller Fahrradfurten an Einmündungen und Kreuzungen.
  • Ampelschaltungen an Kreuzungen von Hauptverkehrsstraßen ohne gleichzeitiges Grün für geradeaus fahrende Radfahrer und rechtsabbiegende Kfz.
  • Unterbrechungsfreie, sichere Führung des Radverkehrs auch in Baustellenbereichen.
  • Bau neuer Radwege getrennt vom Kfz- und Fußgängerverkehr mit den erforderlichen Mindestbreiten (Einrichtungsradwege > 2,30 m, Beidrichtungsradwege > 3,20m).
  • Ganzjährige Sauberhaltung (Laub- und Unkrautbeseitigung) sowie im Winter Schnee- und Glättebeseitigung auf allen wichtigen Radwegen nach einer Prioritätenliste.
  • Verbesserung der Mitnahme von Fahrrädern im ÖPNV (Transportmöglichkeiten und Tarife).
  • Verstärkte Kontrolle und Ahndung von Falschparken auf Rad- oder Gehwegen sowie von falsch fahrendem Radverkehr und nicht straßenverkehrstauglichem Zustand des Fahrrades (z. B. Radfahren Abends ohne Beleuchtung).

 

3.2 . Schnellradwege (Velorouten):

  • Prinzipiell von allen unmittelbaren Stadtrand-Wohnquartieren  / Randgemeinden / Nachbarstädten (GM-Hütte / Lotte / Wallenhorst / Belm / Bissendorf) in das Stadtzentrum Osnabrück.
  • Keine faulen Kompromisslösungen wie beim dennoch sehr teuren Schnellradweg Belm, der durch diverse Provisorien wenig attraktiv ist. Dies sind im einzelnen:
  • Schlechte Verkehrssicherheit insbesondere durch höhengleiche unbeampelte Kreuzungen mit stark belasteten Straßen (z. B. Haster Weg),
  • Unbeleuchtete Abschnitte mit inakzeptabler sozialer Sicherheit (z. B. entlang des Bahndammes),
  • Abrupte Enden gut ausgebauter Abschnitte, und
  • Zu enge Kurvenradien (wie es hier in einigen alten Streckenabschnitten der Fall ist).
  • Nicht zuletzt: während die „City“ in Ost-West-Richtung zumindest halbwegs akzeptable Radverkehrsanklagen aufweist (Achse Wittekindstraße – Neumarkt – Neuer Graben), fehlt eine Nord-Süd-Radverkehrsachse durch die Innenstadt – parallel zu den Haupteinkaufsstraßen.

 

 

 

3.3  Radabstellanlagen:

Schaffung einer ausreichenden Anzahl an Fahrradabstellanlagen an den Hauptzielbereichen des Radverkehrs:

  • In der Innenstadt (Einkauf, Gastronomie usw.),
  • an Bushaltestellen (Park-und Ride)
  • an Schulen,
  • an Sportstätten und sonstigen stark frequentierten städtischen Einrichtungen.
  • Schaffung von Halte-/Parkmöglichkeiten für Lastenräder an Hauptverkehrsstraßen.

 

3.4  Lastenfahrräder:

Grundsätzlich befürwortet BOB Lastenfahrräder als Entlastung für innerstädtische Lieferverkehre.

  • Sie sind aber kein Allheilmittel gegen den drohenden Verkehrsinfarkt und/oder zu starke innerörtliche Lkw-Verkehre. Letztere können sie nur teilweise substituieren.
  • Zu klären ist zunächst, ob und wo Radwege überhaupt von Lastenfahrrädern benutzt werden können oder ertüchtigt / gebaut werden müssen,
  • Zu klären ist weiterhin, wo zum Entladen – ohne Störung von Fußgängern und/oder Radfahrern oder sonstigen Verkehrsteilnehmern – Haltemöglichkeiten bestehen oder geschaffen werden müssen und können.

 

 

 

  1. Kfz-Verkehr:

Grundsätzlich: keine neuen verkehrlichen Restriktionen für den Kfz-Verkehr ohne vorherige Schaffung leistungsfähiger und umfeldverträglicher verkehrlicher Alternativen!

 

4.1  Neumarkt

  • BOB fordert weiterhin eine Öffnung des Neumarktes für alle Verkehrsteilnehmer, solange die verkehrplanerischen Voraussetzungen (Fertigstellung A33 Nord,
    6-streifiger Ausbau A 30 im Raum Osnabrück, Westliche Entlastungsstraße)
    zur großräumigen Entlastung des Wallringes z. B. durch Auflassung der Ortsdurchfahrt (OD) der B 68 noch nicht geben sind.
  • Die BOB-Forderung, die Anwohner des Wallringes durch eine Sperrung des Neumarktes für den MIV nicht noch stärker zu belasten, wurde längst durch Gerichtsurteile auch höherer Instanzen bestätigt.
  • Prämisse für einen Platz mit Aufenthaltsqualität für Fußgänger ist die Verlegung des Busverkehrs mit über 2.000 Fahrten/Tag aus dem unmittelbaren Bereich des Neumarktes. Hierzu sind städtebaulich verträglichere Alternativen einer zentralen Umsteigehaltestelle des ÖPNV nochmals zu prüfen – auch solche, die im entsprechenden ÖPNV-Gutachten (M. Schmechtig) überhaupt nicht untersucht wurden.

 

4.2. Hauptverkehrsstraßen (HVS):

  • Kein Tempo-Limit 30-km/h auf dem Wallring und den Haupteinfallstraßen! Denn ansonsten wäre durch diese leistungsmindernde Maßnahme dort in den Spitzenstunden der Verkehrsinfarkt programmiert! (Ausnahmen: Abschnitte der nicht so stark belasteten Lotter Straße und Buerschen Straße).
  • Die Haupteinfallstraßen und der Wallring sollten 4-streifig bleiben, da ansonsten – bei über 70.000 Ein- und Auspendlern täglich, die meist auf den Pkw angewiesen sind – keine ausreichende Leistungsfähigkeit gegeben ist.
  • Keine durchgehenden Busspuren zu Lasten des motorisierten Individualverkehrs (MIV). Denn die dafür notwendige Reduzierung der Fahrstreifen für den MIV würde nur unnötige Staus mit zusätzlichem Ressourcenverbrauch und zusätzlichen Schadstoffbelastungen verursachen – und das bei nur unzureichender Auslastung der Busspuren (i. d. R. pro Linie nur alle 10 min. ein Bus). Beispiele aus Metropolen wir Hamburg sind nicht 1:1 auf eine Stadt wie Osnabrück übertragbar. Und auch dort finden sich Busspuren i.d.R. nicht durchgängig auf HVS, sondern nur in Abschnitten mit ausreichender Anzahl von Fahrstreifen und sehr hoher ÖPNV-Dichte.
  • Netzweite optimierte „Grüne Wellen“ auf HVS jeweils für Morgenspitze (überwiegend einstrahlender Verkehr), Schwachlastzeiten, Abendspitze (überwiegend ausstrahlender Verkehr),  sowie Sonn- und Feiertage.
  • Einrichtung netzweit umweltsensitiver Lichtsignalanlagen (LSA) zur Vermeidung temporärer unverträglicher Abgasbelastungen im Innenstadtbereich.
  • Einbeziehung von Fußgängerampeln in die netzweite LSA-Koordination.
  • Untersuchung, grundsätzlich alle Knotenpunkte im Zuge des Wallringes mit Linksabbiegespuren auszustatten oder ggf. Linksabbiegeverbote zu realisieren.

 

4.3. Knotenpunkte (Kreuzungen und Einmündungen) im Straßenhauptnetz:

Die verkehrstechnische Leistungsfähigkeit der Knotenpunkte auf den Haupteinfallstraßen und dem Wallring ist auch während der Spitzenstunden zu gewährleisten. Dies bedingt:

  • Kein Umbau von Knotenpunkten zu Lasten der verkehrstechnische Leistungsfähigkeit
  • Kein Entfall verkehrstechnisch erforderlicher Aufstell- oder Abbiegestreifen.
  • Keine leistungsmindernde Veränderung bestehender LSA-Schaltungen während der Spitzenzeiten z. B. durch zusätzliche Einrichtung von Grünphasen.
  • Untersuchung, ob grundsätzliche alle Knotenpunkte im Zuge des Wallringes mit Linksabbiegespuren ausgestattet werden können, oder ggf. – zwecks ungehinderten Verkehrsflusses für Geradeausfahrer – Linksabbiegverbote einzurichten sind.

4.4. Bau der Bundesautobahn A33 Nord:           

  • BOB fordert Bau der Bundesautobahn A33 Nord (Weiterbau der A 33 bis zur A 1) nicht nur aus Gründen besserer verkehrlicher Erschließung für die Berufspendler- und Wirtschaftsverkehre, sondern insbesondere auch aus Gründen der Entlastung des Wallringes (nur mit Bau der A33 Nord ist die Auflassung der großräumig parallel verlaufenden Ortsdurchfahrt Osnabrück der B68 möglich). Auch die extrem stark belasteten Ortsdurchfahrten Icker und Rulle im Zuge der L 109, Vehrter Landstraße und anderer verkehrsreicher Straßen im Norden Osnabrücks werden durch den Weiterbau der A 33 bis zur A 1 nachweislich der aktuellen Verkehrsgutachten sehr stark entlastet werden.
  • Der Weiterbau der A33 bis zur BAB A 1 vermeidet darüber hinaus für Fernverkehre der Fahrtrelation Hamburg / Bremen ßà Bielefeld / Paderborn Umwegfahrten über A1, das AK-Lotte und A33 von erheblichem Umfang (Weglänge x Anzahl Fahrten/Tag) und trägt damit erheblich zur Vermeidung von unnötigem Ressourcen-Mehrverbrauch, sowie vermeidbarer Umwegbedingter Lärm- und Schadstoff-emissionen bei.
  • Die bauliche Gestaltung des neu fertig gestellten Abschnittes der A 33 im Raum Borgholzhausen zeigt eindrucksvoll durch den Bau zahlreicher Wildbrücken und Fledermaus-Überflughilfen, dass das Ziel der Entlastung der Ortsdurchfahrten durch Autobahnbau den Zielen eines nachhaltigen Natur- und Landschaftsschutzes sowie Artenschutzes nicht beinträchtigen muss.
  • Das pauschale Scheinargument, der Bau neuer Straßen induziere generell neue Verkehre, ist durch namhafte Gutachten längst widerlegt (P. Cerwenka †, em. Verkehrswissenschaftler TU Wien, „Wer Straßen sät, wird Autos ernten“ – diese simple monokausale Hypothese sei auf dem gleichen argumentativen Niveau wie eine fiktive Behauptung, „Wer Friedhöfe sät, wird Leichen ernten“:

 

4.5. Bau der Entlastungsstraße West:     

  • Die derzeitige Verkehrsführung über die Mozartstraße – westlicher Lieneschweg – Gluckstraße führt, trotz zahlreicher unzulänglicher Verkehrsberuhigungs-Versuche in diesem Bereich, aufgrund der sehr hohen Verkehrsbelastung zu umfeld-unverträglichen Lärm- und Abgasimmissionen und Sicherheitsdefiziten für Anwohner und nichtmotorisierte Verkehrsteilnehmer dieser Straßenzüge.
  • Diese Verkehrsströme können derzeitig von keiner anderen vorhandenen Nord-Süd-Verkehrsachse westlich des Wallrings aufgenommen werden.
  • Diverse Versuche, diese Nachteile durch Verkehrsberuhigungs-Maßnahmen zu mildern, sind allesamt grandios gescheitert. Und umleiten oder gar vermeiden lassen sich diese starken Verkehrsströme – die überwiegend gebietsfremde Durchgangs-verkehre darstellen – im derzeitigen Straßennetz in Osnabrück nicht.
  • Um diese starken Verkehrsströme umfeldverträglich abwickeln zu können, bedarf es der Realisierung der schon vor mehreren Jahrzehnten geplanten Entlastungsstraße West. Im Gegensatz zur derzeitigen Verkehrsführung wären dort wesentlich weniger Anwohner – und zudem längst nicht so unmittelbar – vom Verkehr betroffen.
  • Selbstverständlich sind auch großzügig dimensionierte Radverkehrsanlagen und Gehwege im Zuge dieser wichtigen Verkehrsachse von Anfang an in die Planungen einzubeziehen im Sinne einer ganzheitlichen Planung für alle Verkehrsteilnehmer.

 

 

 

  1. ÖPNV (öffentlicher Personen-Nahverkehr):

 

5.1. ÖPNV-Ringlinien:

  • Prüfung der Einrichtung einer als Umsteige-Linie mit den Radial-Linien konzipierten Wallringlinie, möglichst im 10-Min-Takt.
  • Komplettierung der bislang unvollständigen Außenringlinie als direkte Verbindung für die Stadtrandsiedlungen untereinander, mindestens Stundentakt.
  • Verkehrsbedienung auch des ÖPNV zu den Stadtrandsiedlungen während des gesamten Zeitfensters des ÖPNV-Angebotes, z. B. auch nach 23 Uhr nach Pye.

5.2. ÖPNV-Tarife:

  • Verbundtickets Bahn-Bus, z. B. Busbenutzung in OS auch mit Niedersachsenticket
  • 3-€-Tagesticket für den Stadtverkehr
  • Kostenloser Schülerverkehr auch für über 18-Jährige

 

 

 

 

5.3. Technologie offene Transporttechniken für Busse

Der Betrieb mit umweltverträglichen Busantrieben wird grundsätzlich von BOB begrüßt, jedoch:

  • Eine Fokussierung auf Batterie-E-Busse ist u. U. nur kurzfristig sinnvoll, da diese evtl. nur eine Übergangslösung darstellen. Denn leistungsfähige Batterien sind extrem schwer, somit ist viel Ballastgewicht zu transportieren. Zudem war die Batterie-herstellung bislang oft problematisch (Öko-Bilanz, prekäre Sozialsituation bei der Herstellung).
  • Wasserstoff-Antrieb für Busse könnte langfristig die sinnvollere Perspektive werden; neben den Batteriebetriebenen Bussen als aktuelle Lösung  sollten ebenfalls auf Wasserstoff basierten Antriebstechniken in den Bussen  getestet bzw. eingesetzt werden, wie es in Münster, Wuppertal, Köln, Frankfurt, München, Wien, usw. umgesetzt wird. Die Stadt Osnabrück sollte langfristige Einsatzmöglichkeiten prüfen!
  • Auch ein konventioneller O-Bus mit Oberleitung sollte nicht á priori komplett ausgeschlossen werden, zumal diese Antriebsart derzeit sogar für Lkw erprobt wird (z. B. auf der Autobahn A5 im Raum Frankfurt).

5.4. Diskussion Straßen- bzw. Stadtbahn:

  • Der Neubau einer konventionellen Straßen- oder gar Stadtbahn auf eigener Trasse (dies ist i. d. R. Voraussetzung für Fördermittel) erscheint angesichts der straßenräumlichen Gegebenheiten in Osnabrück technisch unrealistisch und damit nicht zuschussfähig – somit de facto nicht finanzierbar.
  • Zudem erscheint eine „klassische“ Straßen- oder Stadtbahn bereits heute als technisch veraltet, zumal es in China bereits den realen Betrieb des Prototyps einer – wesentlich kostengünstigeren und räumlich viel flexibleren – schienenlosen Straßenbahn gibt: “Autonomous Rail Rapid Transit”-System (ART). Die Fahrzeuge sind mit einem Lithium-Titanat-Akku ausgestattet und fahren ohne Oberleitung auf einer gestrichelten Linie anstatt auf Schienen, was zu enormen Kostenersparnissen führt.
  1. Parken

 

6.1 Parken im Straßenraum:         

Je nach Straßen-Charakteristik und –funktion „ja“ oder „nein“: Beispiele:

  • Parkstraße: Ja, weil Parken hier wichtig ist für Anwohner, Radfahrer können dagegen problemlos auf Parallelrouten in der „Wüste“ ausweichen
  • Mindener Straße: Kein durchgängiges Parken im Straßenraum, abschnittsweise (z. B. im Bereich der Eisenbahnbrücken) Reduktion auf 2 Fahrstreifen, stattdessen endlich durchgehende einheitliche Radverkehrsanlagen in ausreichender Breite statt Torso-hafter Flickschusterei unterschiedlichster Fahrbahnbegleitender Radverkehrsanlagen!
  • Pagenstecherstraße: Kein Parken, dies kann auf den i. d. R. hierfür auch konzipierten (Gewerbe-) Anliegergrundstücken erfolgen; stattdessen aus Sicherheitsgründen beidseitige breite durchgehende Radverkehrsanlagen
  • In der City: Parken im Straßenraum sollte in der City (Altstadt und Neustadt) künftig nur noch für E-Autos zugelassen werden. Hierfür sind dann grundsätzlich für alle E-Autos kompatible Ladestationen – jew. eine pro Parkstand – vorzusehen. Die übrigen parkenden Pkw in der City werden grundsätzlich in Parkhäusern untergebracht.

 

6.2  Anwohnerparken:

  • BOB fordert Berücksichtigung der Anliegerwünsche: Anwohnerparken dort, wo ansonsten zu hoher Parkdruck durch Fremdparker besteht, z. B. in den Citynahen Wohnquartieren. Für Besucherverkehre sollten dann stets Sonderparkflächen ausgewiesen und der Parksuchverkehr mittels Parkwegweisung geleitet werden.

 

6.3  Parken in der City:

  • Regelfall sollte das Parken in Parkhäusern sein.
  • Das Parkleitsystem sollte eine gleichmäßigere Auslastung anstreben und Staus in der Zufahrt zu besonders attraktiven Parkhäusern (wie. z. B. in der Möserstraße als Hauptzufahrt zum L+T-Parkhaus) durch Auslastungsabhängige rechtzeitige gezielte Wegweisung zu i. d. R. gering ausgelasteten Parkhäusern (wie z. B. Salzmarkt) möglichst verhindern oder zumindest vermindern.
  • Ebenerdige Parkplätze in der City oder in unmittelbarer City-Nähe (wie z. B. an der Wittekindstraße) sollten mittel- bis langfristig für höherwertige Nutzungen (Schaffung von Stadtgrün oder – je nach Lage und Bedarf – verdichteter Bebauung, ggf. auch Parkhaus satt Parkplatz, um Grundstücke besser zu nutzen) vorgesehen werden.
  • Nicht mehr zeitgemäße Parkhäuser (z. B. infolge für heutige Autos zu eng dimensionierter Stellplätze / Zu- und Ausfahrten) könnten für Gewerbe- oder Wohnzwecke umgebaut und umgenutzt werden.

 

6.4  Sonderfall Parkplatz Klostergarten:

  • BOB fordert auch hier Berücksichtigung der Anliegerwünsche und die Erhaltung von Stadtgrünflächen. Daher erscheint hier eine Umwidmung zum Park oder die Erhaltung als Parkplatz mit Bäumen sinnvoller als Zubetonierung und Bebauung.

 

 

  1. Abstimmung Stadt OS / Landkreis OS

 

  • Ziel ist u. a. eine bessere Abstimmung Flächennutzungsplanung mit der Verkehrsplanung.
  • Negativ-Beispiel einer unkoordinierten Flächennutzungsplanung mit der Verkehrsplanung: Westliche Entlastungsstraße (Wohnbebauung trotz geplanter Hauptverkehrstraße!)
  • Auch die Verkehrsplanung für Osnabrück muss die rd. 110.000 Einwohner in den unmittelbar benachbarten Städten bzw. Randgemeinden mit einbeziehen – über 70.000 Ein– und Auspendler täglich, Ausbildungs- und Einkaufsverkehre müssen berücksichtigt und die Verkehrsplanungen entsprechend ortsübergreifend abgestimmt werden!

 

 

BOB, im Februar 2022