22 Feb 2018
Luftreinhalteplan: Zweifelhafte Datenlagen
Stellungnahme zum Luftreinhalte- und Aktionsplans der Stadt Osnabrück der LK Argus
- Die Belastungen der Luft mit Schadstoffen hat in den letzten 25 Jahren deutlich abgenommen, die Lebenserwartung deutlich zugenommen. Es gibt in Deutschland keine Überschreitung der europaweit geltenden Grenzwerte für Schwefeldioxid, Kohlenmonoxid, Benzol und Blei mehr. In Osnabrück stellt der Feinstaub kein Problem mehr da, die Werte für NO2 sind rückläufig, werden aber noch an zwei von insgesamt drei Messstationen nach geltenden Grenzwerten leicht überschritten.
- Somit liegen real gemessene Werte nur von den Messstationen am Schlosswall, Bomblatstrasse und der Passivsammlermessstelle Neuer Graben vor, die jedoch von unterschiedlichen Bedingungen abhängig sind (Öffnung/Schließung Neumarkt, zeitweilig baustellenbedingte Zunahme von Verkehr, Wetter, Ferienzeiten usw.).
Alle anderen in der Präsentation der LK Argus dargestellten NO2-Jahresmittelwerte erfolgten allein auf Prognoseberechnungen, die ebenfalls von vielen unterschiedlichen Faktoren abhängig sind und lediglich auf zufällige Verkehrszählungen mit entsprechenden Hochrechnungen basieren:
d.h. nur aufgrund einer Verkehrszählung wurden verschiedene NOx Belastungen hochgerechnet, ersetzen aber keinesfalls exakte und reale Messungen, wie die Argus selbst durch eine Messintoleranz von 3 yg und „grundsätzlichen Ungenauigkeiten von Modellrechnungen bis zu 20%“ bzw. „…für Jahresmittelwerte No2 bei 30%“ (S.73) zugibt.
- Zweifel an der Validität der LK-Argus Hochrechnungen ergeben sich auch durch die Darstellung selbst: Warum sollen 39 yg (Basis 2018, rot unterlegt) am Schlosswall und der Lotterstrasse „…bei für den MIV geöffneten Neumarkt“ gefährlicher sein, als die nur gelb unterlegten 39 yg an der Lotterstrasse oder Goethering „…bei für den MIV geschlossenen Neumarkt“ ?
- Durch die in der Tabelle dargestellten Werte entsteht fälschlicherweise der Eindruck, dass bei für den Autoverkehr (MIV) gesperrtem Neumarkt die Grenzwerte eher eingehalten werden könnten, als „…bei für den MIV geöffnetem Neumarkt“. So soll es zum Beispiel an der Martinistrasse, E.M. Remarque-Ring und anderen Einfallstrassen zu einer Nox Verschlechterung bei „….für den MIV geöffnetem Neumarkt“ kommen. Da bei flüssigem Verkehr mehr Autos fahren können, kommt es nur rein rechnerisch zu einer Mehrbelastung. Diese fragwürdige Vorgehensweise der LK Argus lässt aber völlig die wichtigste Maßnahme zur Nox Senkung außer Acht: Nämlich die Verkehrsverflüssigung und kürzeren Wege bei geöffnetem Neumarkt.
- Laut Untersuchungen des Fraunhofer Instituts für Verkehrs- und Infrastrukturprobleme aus Dresden, ist der Stickstoffdioxidausstoß bei flüssigem Verkehr zwischen 29 bis 55 Prozent geringer als bei Stop and Go. Somit wird diese rechnerische Bias leicht erklärlich.
- Ebenso wenig wird berücksichtigt: 300 Meter über die Ostwestachse Neumarkt sind kürzer als 2-4 Km über den Wall (v.a. bei Stausituationen),h. bei geringere MIV Betriebsdauer werden weniger Immissionen produziert
- Jeder der während der Neumakrtsperrung am E.M. Remarque-Ring im Stau stand, wird dies nachvollziehen können: Der geringste Nox Ausstoß wird bei bei fließendem Verkehr emittiert: So zitiert die LK Argus selbst auf Seite 67: “Stausituationen führen zum Anstieg der Emissionen von Stickoxiden, ein stetiger Verkehrsfluss bei weitgehend konstanter Geschwindigkeit wirkt emissionsmindernd.“.
- weitere wichtige Faktoren werden in den Lk-Argus Hochrechnungen nicht berücksichtigt: Die zunehmende Elektromobilität (die Zahlen aus 2017 sind bereits überholt),
- statt der aufgeführten 8 Dieselbusse sollen schon bereits jetzt 29 Busse umgerüstet werden
- Die LK Argus benennt den Masterplan Mobilität von 2010 (Seite 34) mit dem Ausbau des Römereschweges und der A33, unterschlägt aber z.B. die Entlastungsstrasse West als Lösungsmöglichkeit zur Reduktion der innerstädtischen Verkehre.
- Ein LKW Transitverbot wird von der LK-Argus als unwirtschaftlich abgelehnt mit einem Verweis auf den Fachdienstverkehrsplanung von 2009 (sic!) (S.39)
- die Reduktion anderer Emittenten: Auf Seite 14 erweckt die Argus den Eindruck, dass 68 % der Nox Emissionen durch Hauptverkehrsstraßen verursacht würden. Setzt man jedoch auch die anderen Emittenten dazu, ergibt sich ein anderes Bild: Zwar ist der Straßenverkehr der größte Verursacher (gefolgt von Kraftwerken, Heizsystemen und der Landwirtschaft) erreicht aber so nur 35,9%.
- Insgesamt steht die LK Argus im Widerspruch zu einer Leistungsuntersuchung der TSC vom 7.4.2015 für zehn Knotenpunkte des Wallringes, welche prognostisch bei gesperrtem Neumarkt zu einem gegenteiligen Ergebnis für den Verkehrsfluss kommt, welches direkte Folgen für die Nox Emissionen hat:
- Moderne Dieselfahrzeuge leisten einen hohen Beitrag zur CO2-Reduzierung, da diese weniger verbrauchen: Sollte es jedoch aufgrund der derzeitigen negativen Diskussionen um Dieselfahrzeuge zu einer Zunahme von Fahrzeugen mit Benzinmotoren kommen, wird von einem Wiederanstieg von CO2 auszugehen sein. Dieses Szenario findet in der Aktualisierung des Luftreinhalteplans keine Berücksichtigung.
Unser Fazit:
- Eine Verschiebung der Grenzwerte von einer Stelle an die andere kann nicht die Lösung sein. Wichtig ist eine Lösung zu finden, die den Individualverkehr in der Innenstadt nicht ausschließt und für eine Verflüssigung des innerstädtischen Verkehrs sorgt, ohne weitere Tempo-30-Zonen einzuführen, die noch mehr Schadstoffe verursachen.
- Die Emissionen bei Diesel-PKW müssen von den Herstellern unbedingt eingehalten werden.
- Warum soll ein modernes Verkehrsleitsystem nur zu Spitzenzeiten „umweltsensitiv“ gefahren werden ? Das Darmstädter Modell belegt, dass eine dauerhafte Anwendung nützlich sein kann.
- Häuserschluchten wie in der Johannisstrasse begünstigen Nox Spitzenwerte: Diese Schluchten müssen städteplanerisch (Baulos 2) vermieden werden
- Die Elektrifizierung und Modernisierung der gesamten Busflotte der VOS, ein attraktives Liniennetzangebot zu günstigen Tarifen und endlich die seit langen geforderte Bereitstellung von P+R-Plätzen mit guten Anbindungen an die Innenstadt können einen weiteren wichtigen Beitrag zur Senkung der Stickoxide leisten.
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